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Bildungsort Natur: Warum ist er für die kindliche Entwicklung wichtig?

Matschhose und festes Schuhwerk angezogen, Rucksäcke geschultert, Frühstück, Lupengläser und Schnitzmesser dabei: Der Aufbruch nach draußen in die Natur, in der viele große und kleine Abenteuer warten, kann gewagt werden. Selbst für Kinder und pädagogische Fachkräfte, die mit dem Hinausgehen vertraut sind, ist mit einer solchen Szene immer auch ein Aufbruch aus den sicheren Alltagsroutinen verbunden. Erwartungsvoll, vielleicht auch etwas ambivalent, wird man den kommenden Stunden im Wald, auf Feldern oder am Bach entgegensehen. Wer den Schritt hinaus wagt, dem eröffnet sich eine faszinierende, überraschungsreiche Erfahrungswelt.

Erfahrungsräume in der Natur sind eigenartig anders, wenn man sie mit dem oft durchregelten und durchdachten Alltag vergleicht, in dem Natur immer mehr an den Rand gedrängt wird. Gerade deshalb sind sie unverzichtbare Bildungsräume. Mit ihrer Lebendigkeit, eigensinnigen Ordnung und Stabilität, ihren Geheimnissen und Überraschungen kommen sie in besonderer Weise kindlichen Entwicklungsbedürfnissen entgegen:

  • Neugier und Wissensdrang werden geweckt und „gefüttert“, wenn Kinder spannende Gegenstände und erklärungsbedürftige Phänomene vorfinden, die alle Sinne ansprechen - Staunen, Denken, Grübeln mit offenen Sinnen.
  • Naturgegenstände haben keinen eindeutigem Spielzweck und sind nicht konstruiert, was der kindlichen Vorstellungskraft und Phantasie entgegenkommt und sie anregt.
  • Die Bewegungsmöglichkeiten in offenen Naturräumen sind so vielfältig und anregungsreich, dass die kindliche Körper- und Bewegungsentwicklung enorm profitiert.
  • Das Streben nach Selbständigkeit kann wichtige Impulse bekommen, zumal wenn die Kinder nach eigenem Plan und mit viel Zeit die Naturwelt erkunden können.
  • Zudem bieten die besonderen Atmosphären in der Natur günstige Bedingungen für die sprachliche Bildung und Förderung von Kindern. Wörter und Namen für unbekannte Phänomene müssen gefunden und Erlebnisse erzählt werden.
  • Beim längeren Draußensein geht es auch um besondere Gruppenerfahrungen und die Stärkung des Gemeinschaftsgefühls, wenn mit anderen zusammen Abenteuerliches und Spannendes erlebt und geteilt werden.
  • Die Fähigkeit zur Selbstregulierung der Kinder durch Ausgleich, Ruhe und Stille wird gefördert, denn offene Naturräume überfluten nicht mit Reizen und ermöglichen auch Phasen nicht-gerichteter, anstrengungsloser Aufmerksamkeit.
  • Auch werden bei längeren und wiederholten Naturaufenthalten die kindliche Anstrengungsbereitschaft und die Widerstandsfähigkeit gefordert, wenn z.B. Wind und Wetter zu spüren sind.

Das Hinausgehen in die Natur bietet somit vielfältige Chancen, die Neugier- und Autonomieentwicklung der Kinder zu fördern und wissens- sowie sprachbezogene, soziale und emotionale Bildungsthemen in spielerischer und authentischer Weise aufzugreifen und zu bearbeiten. Dies betrifft insbesondere auch diejenigen Kinder, die durch Bildungsbenachteiligungen belastet sind und in einer wenig anregungsreichen Umwelt heranwachsen. Hoher Medienkonsum, Verhäuslichung und Naturentfremdung können dabei als risikofördernde Faktoren und Anregungsdefizite begriffen werden, die die bei Kindern vorhandenen Potenziale, ihre Entdeckungsfreude, Wissbegier und Gestaltungslust hemmen.

Der Bildungsort Natur bietet viele Chancen, solchen Bildungsbenachteiligungen, die sich gerade auch in der Pandemie verstärkt haben, entgegenzuwirken.